Freitag, 30. März 2012

Play-Offs in der Bundesliga - Ein Plan ohne Mehrheit

Wolfgang Holzhäuser ist schon lange bei Bayer Leverkusen. Er lief immer so ein wenig wie der Buchhalter neben Calli her, etwas uncharismatisch, aber ohne ihn ging’s halt nicht. Als Calli ab- und Holzhäuser aus seinem großflächigen Schatten heraustrat, war der immer etwas miesepetrig dreinschauende Typ plötzlich der Chef. Er legte seine Brille ab, sah fortan etwas freundlicher aus, und leitete den Klub souverän bis unauffällig. In diesem Jahr läuft es allerdings nicht mehr so gut. Der Vorschlag, die Meisterschaft in Zukunft in einem Spiel zu entscheiden, setzt den zweifelhaften Auftritten der vergangenen Monate scheinbar die Krone auf.

Da war zunächst der Krach mit Michael Ballack, den Holzhäuser heraufbeschwor und immer weiter anfachte – warum, weiß bis heute niemand. Und jetzt hat er einen Text für das Stadionheft der Werkself geschrieben. Dort fordert er der großen Spannung wegen Play-Offs um die deutsche Meisterschaft, in denen die ersten Vier der Liga den Sieger in Halbfinale und Finale ausspielen. Die Idee ist weiß Gott nicht neu, die DFL bringt, von Geldgier getrieben, derlei Pläne immer mal wieder auf den Tisch. Der Widerstand der Liga ist jeweils nicht zu überwinden. Aber ist die Vorstellung von einem Endspiel um die deutsche Meisterschaft wirklich so unsinnig?

Der Gedanke an einen Maiabend, an dem sich die Fans vor den Fernsehern oder beim Public Viewing versammeln und wissen, dass am Ende dieses Spiels der deutsche Meister feststeht, hat schon was. Die Helden, die geboren würden, weil sie das 1:0 in der 90. Minute erzielen, die tragischen Figuren, die durch ihre Fehler das Spiel entscheiden – das ist der Stoff, aus dem die Legenden sind. Wahrscheinlich hat auch Holzhäuser an diese Möglichkeiten gedacht, als er seinen Aufruf verfasste.

Darf aber die Mannschaft bestraft werden, die nach 34 Spieltagen Erster ist? Der Tabellenführer ist fortan auch nach Abschluss aller Spiele noch nicht mit der Schale ausgezeichnet, das stößt manchem schon beim Gedanken daran übel auf. Der Grund liegt darin, dass der nationale Meistertitel wie kein anderer Pokal im Fußball als Auszeichnung für Kontinuität gilt. Nicht das Flutlicht am Europapokalabend, nicht eine schmissige Ansprache des Trainers vor dem großen Spiel sondern die harte Arbeit über eine gesamte Saison hinweg soll die Grundlage für den Sieg sein. Zweifellos müssten die Fans in diesem Punkt umdenken, denn in einem Finale um die Meisterschaft würde sich nur die Mannschaft durchsetzen, die so konstant ist, es auf Platz vier zu schaffen und gleichzeitig das gewisse Etwas, die Kaltschnäuzigkeit für besondere Spiele mitbringt. Lassen Akteure und Zuschauer sich auf diesen Gesinnungswandel ein, dann könnten auch Play-Offs einen verdienten Meister küren.

Die Frage nach der Gerechtigkeit ist dennoch eine bedeutende in diesem Zusammenhang. Stellen wir uns zwei Szenarien vor. Im ersten sind der Erste und Zweite am 34. Spieltag punktgleich, ein Tor trennt die Teams in der Tabelle. Ein glücklicher Meistertitel wäre das für den Sieger und ein Endspiel könnte womöglich gerechter sein als die Tatsache, dass Bayern München Meister wird, weil es mit einem Tor mehr Unterschied gegen Kaiserslautern gewonnen hat als Borussia Dortmund. Im zweiten Szenario hat Bayern München eine grandiose Saison gespielt und wird mit 15 Punkten Vorsprung Erster. Vor den Play-Offs verletzen sich aber Bastian Schweinsteiger, Mario Gomez, Manuel Neuer und Philipp Lahm. Das klingt für den Bayern-Gegner amüsant, würde aber bedeuten, dass die gute Spielzeit mit einem Mal nichtig wäre und der frischere Zweite das Rennen macht. In diesen Überlegungen spielen der Dritte und Vierte, die Holzhäuser ebenfalls an Halbfinals beteiligen will, noch gar keine Rolle.

Die Spannung, die sich in einem Finale bündeln würde, müsste zwangsläufig an anderer Stelle fehlen. Nehmen wir die aktuelle Saison. Die ersten Vier der Liga stehen bereits jetzt weitgehend fest. Bayern, Dortmund, Gladbach und Schalke würden nun ein wenig taktieren, würden schauen, gegen wen sie gerne antreten würden und ein Underdog wie die „Fohlen“ würde vermutlich so früh wie möglich komplett abschenken und körperlich wie psychisch alle Kräfte für die Schlussrunde aufsparen. Das Ergebnis wäre eine unter Umständen über mehrere Wochen dahinsiechende Saison, ehe endlich Schluss ist und die Halbfinals beginnen. Teams aus dem Keller könnten diese Spielchen der Spitzengruppe ausnutzen und zu unverhofften Punkten kommen. Europäische Teams könnten Wettbewerbsverzerrung wittern, weil Bayern, obwohl die Endphase der Meisterschaft läuft, alle Leistungsträger für ein Champions-League-Halbfinale schonen kann.

Was ist außerdem, wenn Deutschland den vierten Qualifikationsplatz für die Königsklasse verliert. Dann ist der Dritte, wenn der Vierte Meister wird, in der Europa League. Und all diese Unwägbarkeiten hängen von wenigen Spielen, von wenigen Momenten ab. Das führt mich zu den abschließenden Punkten. Zum einen ist es nie und nimmer wünschenswert, einem Schiedsrichter die Verantwortung aufzubürden, mit einem Pfiff unter Umständen die Meisterschaft zu entscheiden. Ein WM-Finale ist für den Referee schon brutal, aber im Klub-Fußball geht es um noch viel mehr. Gibt es eine Fehlentscheidung am letzten Spieltag kann immer noch darauf verwiesen werden, dass das benachteiligte Team bereits 33 Spiele absolviert hatte und dort irgendwo noch einen Punkt hätte holen können. Aber in einem echten Finale, dass wie im geschilderten Fall über die Teilnahme an der Champions League entscheiden kann, wie sieht es da aus, wenn der Mann in schwarz patzt?

Zum anderen kann in einem einzigen Spiel einfach zu viel passieren. Die Papierkugel von Hamburg ist nur ein Beispiel dafür, wie blöde ein Spiel einen Sieger finden kann. Das Regelwerk ist mit der Korrektur solcher Zufälle überfordert und allein deshalb darf ein Titel, in den eine Mannschaft ein Jahr lang alles investiert, nicht in 90, auch nicht in 180 Minuten entschieden werden. Der Widerstand der meisten Vereine gegen einen solchen Modus hat seine Gründe genau in dieser Überlegung. Manager, die ihren Klub wie ein Unternehmen strategisch führen müssen, wollen Einnahmen im zweistelligen Millionenbereich nicht von einem Spiel abhängig machen.
  


3 Kommentare:

dogfood hat gesagt…

War das jetzt ein Plädoyer für eine Europaliga statt Champions League-Playoffs?

Anonym hat gesagt…

Am liebsten gar keine Play-Offs. Will nur nicht, dass der Dritte am Ende nur deshalb nicht in die CL kommt, weil der Vierte Meister wird. Wär aus meiner Sicht nicht unbedingt fair...

Jan-Peter hat gesagt…

Sie sollen es so beallsen wie es ist!!! Von mir aus können sie die Liga aufstocken aber nicht am Meisterschaftssystem ändern!