Sonntag, 26. Mai 2013

Ärgern, Ausruhen, Weitermachen: Kopf hoch, BVB!


Jetzt ist es also vorbei. Das deutsche Finale. Der fußballerische Höhepunkt der vergangenen Jahre war ein Spektakel, dass zum Glück nur in wenigen Szenen an die martialische Eröffnungsfeier anknüpfte. Franck Ribery gab sich alle Mühe, es seinen ritterlichen Vorbildern gleichzutun, aber sein Ausfall blieb die einzige wirklich unansehnliche Aktion des Spiels (wenn wir Robert Lewandowski bei seinem Tritt gegen Jerome Boateng mal keine Absicht unterstellen). Schade war nur, dass dem Schiedsrichter der Mut fehlte, dem Star der Bayern noch in der ersten Hälfte die rote Karte zu zeigen, so bleibt es bei vielen „Was wäre, wenn“-Fragen.

Die offensichtlichste ist, was passiert wäre, wenn Ribery den verdienten Platzverweis kassiert hätte. Er leitete beide Tore der Bayern ein. Kaum auszudenken, wenn die Münchener nicht nur zu zehnt, sondern auch ohne ihren kreativen Kopf hätten auskommen müssen. Zum anderen darf man fragen, was passiert wäre, wenn Dante für sein Foul an Marco Reus, das zum berechtigten Elfmeter führte, die gelb-rote Karte gesehen hätte. Der BVB  hätte bis zur Hinausstellung von Robert Lewandowski, die es auch nicht gab, sogar zwei Spieler mehr auf dem Feld gehabt. Einzig die Sanftmut von Nicola Rizzoli verhinderte ein farbenfroheres Spiel.

Wie immer im Fußball sind diese Fragen im Nachhinein nicht zu beantworten. Eine Aufsummierung der Fehler des Referees macht im Prinzip auch keinen Sinn, weil jede Entscheidung des Schiedsrichters den Kausalverlauf des Spiels verändert und sich in der Folge ganz andere Bedingungen entwickelt hätten. Dass die Dortmunder nun nicht die Schuld beim Unparteiischen suchen, zeigt den Charakter dieser Mannschaft. Bei der Borussia wird trotz dieser Ansammlung von fußballerischen Figaros das Malochertum gelebt. Champions-League-Finale verloren? „Beschissen“, wie Hans-Joachim Watzke so schön sagte, aber es geht weiter.

Denn bei allem Ärger, den der Fan der Schwarz-Gelben nun spürt, war dieses Finale auch für die Borussia ein Erfolg. Auch wenn es im Moment noch schwer ist, aus der Niederlage der eigenen Mannschaft etwas Positives zu ziehen, sind einige aufmunternde Worte nicht unangebracht (und wer könnte die besser spenden als einer, der gerade abgestiegen ist?). Zunächst einmal ist es etwas ganz besonderes, dass der BVB überhaupt Teil dieses Finales war. Vor nicht einmal zwei Jahren wirkte Dortmund in der Champions League völlig deplatziert und war selbst mit Gegnern wie Olympique Marseille überfordert. Mannschaften wie die der Südfranzosen verspeist das Team dieses Jahres zum Frühstück.

Selbst Manchester City, gleich zwei mal Real Madrid und das hoch gehandelte Donezk hatten letztlich keine Chance gegen Jürgen Klopps Ensemble. Der Verein hat damit einen Quantensprung hingelegt, wie es ihn im europäischen Fußball lange nicht gab. Und die Chancen stehen gut, dass das Niveau gehalten werden kann. Grund dafür ist die Stabilität der Mannschaft. Sie hat die Fähigkeit, mit einem Plan ins Spiel zu gehen und dem Gegner, wer auch immer das ist, diesen Plan aufzuzwingen. Das haben sie selbst gegen die Bayern geschafft, nur gelang ihnen in der kalkulierten Drangphase der ersten Hälfte leider kein Tor. Sie hätten es verdient gehabt.

Nicht nur die Leistung und die Entwicklung der Dortmunder ist ein positives Signal für die Zukunft. Die Art und Weise, wie beide das Spiel angegangen sind, muss auch für den internationalen Zuschauer ein Genuss gewesen sein. Da spielten nicht nur zwei Mannschaften nach vorne, sie arbeiteten sich auch Chancen heraus und garnierten ihre Kombinationen mit herausragenden Einzelaktionen. Die Bayern haben, um so etwas bieten zu können, seit Jahrzehnten investiert, investiert und investiert. Der BVB hat sich nach der Krise um die Fast-Pleite in relativ kurzer Zeit auf dieses Level gebracht. Er ist auch nicht in einzelnen Partien über sich hinausgewachsen und durfte nur deshalb in London vorspielen. Spätestens nach dem 4:1 gegen Real war klar, dass die Mannschaft in diesem Jahr mindestens die zweitbeste in Europa ist.

Wenn nun also von einer möglichen Vormachtstellung der Bundesliga in Europa die Rede ist, darf der Verlierer des Finales von Wembley nicht bei der Würdigung vergessen werden. Und auch wenn die Fans der Borussia da bestimmt pessimistischer sind: Ich glaube daran, dass die Abgänge von Mario Götze und vielleicht auch Robert Lewandowski verkraftet werden können. Dortmund hat viel Geld verdient und in Frankreich, Spanien und Italien gibt es zahlreiche Vereine, die gute Spieler gerne abgeben, um die eigene Kasse aufzubessern. Michael Zorc kann selbstbewusst auf den Basar gehen, er vertritt einen Topklub in sportlicher und wirtschaftlicher Hinsicht. Die Südtribüne ist ein Europa bekannt, es kann eine Motivation für Spieler sein, vor dieser Wand aufzulaufen.

Und ganz nebenbei wird im Westfalenstadion auch regelmäßig Champions League gespielt. Es spricht also viel dafür, dass Ersatz für die Abgänge gefunden und ganz nebenbei der Kader auch noch etwas aufgefüllt wird.

Die beiden Meisterschaften und die anschließende Vizemeisterschaft haben gezeigt, dass Jürgen Klopp ein Team auf einem Level, dass es einmal erreicht hat, halten kann. Das wird auch im kommenden Jahr so sein. Mit Mats Hummels hat ein Spieler (zumindest vorerst) Treue gelobt, der für das Innenleben der Mannschaft wahrscheinlich wichtiger ist als Götze und Lewandowski zusammen. Daher ist es wichtig, ihn zu halten und ein positives Signal, dass er nicht abgeneigt ist. Roman Weidenfeller spricht schon vom Angriff im kommenden August. Das ist die richtige Einstellung. So wird auch ein FC Bayern mit all den Topspielern und dem Toptrainer schlechthin einen starken Herausforderer haben.

1 Kommentar:

Nick hat gesagt…

Schöner Artikel, der Mut macht. Danke!
Und es ist natürlich immer besser, wenn auch Nicht-Borussen die Frage nach den Schiedsrichterentscheidungen stellen. ;)